Fisherman’s Trail & Rota Vicentina – Teil 2: Der Fischerweg

Fisherman’s Trail & Rota Vicentina – Teil 2: Der Fischerweg

Etappen auf dem Fischerweg

Nach dem alle logistischen Fragen in Teil 1 geklärt wurden (hier), kommen wir nun zu der Wanderung selber, zu 165 km über Stock und Stein, unter portugiesischer Sonne mit viel Ruhe, warmem Wind und in bester Begleitung. Damit es nicht zu lang wird, gibt es hier die ersten 4 Tage auf dem sogenannten Fischerweg.

Unsere Erfahrungen mit der historischen Route werden in Teil 3 folgen.

Etappe 1

Porto Covo – Vila Nova de Milfontes
20 km / 7 Stunden / schwer

Wir sind früh auf den Beinen, die Aufregung und Vorfreude steckt uns in den Gliedern. Kaum zu glauben, dass es nach all den Wochen und Monaten an Planung endlich losgeht. Nach dem Trubel in Lissabon ist es hier gespenstisch still, vor allem so früh am Morgen. Ein Blick nach draußen zeigt einen grauen, verhangenen Himmel und wir wissen nicht ob wir das gut finden sollen, eingestellt haben wir uns auf Sommer und portugiesische Sonne.

Wir schlüpfen in die auserkorene Wanderkleidung, packen unsere Rücksäcke mit dem Nötigsten (Erste-Hilfe-Set, Power-Bank, Trinken, Proviant und Sonnenschutz) und stopfen den Rest an Gepäck in unsere Koffer. Diese würden wir nach dem Frühstück an der Rezeption abgeben, da man sie für uns an unseren Zielort transportieren würde.

Ein bisschen nervös bin ich: Ob das Gepäck auch ankommt, wie sich 20 km anfühlen, wie lange wir dafür brauchen werden und wie schwer uns der Weg fallen würde. Fragen über Fragen.

Beim Frühstück im Hotel wird ordentlich zugeschlagen, wir brauchen immerhin Kraft, wir haben eine lange Strecke vor uns die ins Ungewisse führt. Nur ein weiteres Paar ist im Frühstücksraum, das irgendwie auch noch unangenehm auffällt, was ich nur schwer ausblenden kann, da hier sonst absolute Ruhe herrscht.

Um 8.30 Uhr sind wir auf dem Weg, kichrig aufgeregt gibt es noch ein paar Selfies vor der Info-Tafel des Rota Vicentina und dann geht es los Nach Vila Nova de Milfontes. Der Weg führt durch das Dorf zum Hafen, alles liegt still unter der Wolkendecke des Morgens.

Ich weiß nicht mehr ob wir miteinander Sprachen, die ersten Minuten sind verschwommen, bei jedem Schritt denke ich mir „oh krass, ich tue es wirklich, ich mache es jetzt gerade, das ist kein Tagesausflug, ich bin abends nicht wieder zuhause, ich laufe gerade zu Fuß durch Portugal.“

Erste Schritte

Schnell haben wir Porto Covo hinter uns gelassen und tauchen in eine unwirkliche Küstenlandschaft ein. Rechts von uns das Meer, das träge gegen die Felsen der Klippen klatscht, Flora und Fauna reichen uns bis zum Knie und ein schmaler Pfad aus Sand windet sich an den Klippen entlang.

Ich bin hin- und hergerissen, blicke immer wieder auf das Örtchen zurück, dass in immer weitere Ferne rückt, starre das Meer an, das uns den ganzen Tag begleiten würde und hadere mit dem Gedanken schon jetzt einfach nur stehen zu bleiben und zu gucken. Hier wachsen zauberhafte rosa Blumen, fleischige grün-orange Pflanzen die an Sukkulenten erinnern, der Sand ist gelb-orange und hat bereits meine Wanderstiefel verfärbt und alles wirkt ein wenig wie nicht von dieser Welt.

Jeder Schritt wird mit Fotos dokumentiert, die Eindrücke sind so viele, dass ich Angst habe etwas zu vergessen und zuhause nicht davon berichten zu können. Zeitgleich möchte ich nicht zu lange verweilen, ich kann die bevorstehende Aufgabe nicht einschätzen, habe nur diesen Wanderführer der die Tour mit 7 Stunden Gehzeit und als schwer einschätzt. Zuhause in den Bergen muss ich immer ein oder zwei Stunden auf die Zeit von Touren aufschlagen, ich gehe zu langsam, meine Beine sind zu kurz oder ich bin nicht fit genug, und Pausen sind auch noch keine eingerechnet. Wie viele Pausen werden wir wohl brauchen?

Obwohl unsere einzige Aufgabe dieses Tages ‚ankommen‘ ist, fühle ich mich ein wenig unter Druck.

Der Weg ist in zwei farbigen Streifen in Grün/Blau markiert, die für den Fischerweg stehen. Nach einer knappen Stunde geht es hinab an den Strand, noch immer sind wir alleine und haben keine Menschenseele gesehen.

Mülltastisch

Aber Müll sehen wir und das geht gar nicht. Wir holen einen Müllbeutel hervor den wir mitführen und hängen ihn an Hannis Rucksack und beginnen einzusammeln, was das Meer hier an den Strand trägt: Teile von Netzen, Tetrapacks und PET-Flaschen, Schraubverschlüsse, Zigarettenstummel und Strohhalme. Wir gehen ein wenig Zickzack um mehr Müll zu erwischen und sammeln ein bis die Tüte voll ist. Zum Glück bleibt dieser Strandabschnitt der einzige ‚müllige‘ auf unserer Reise.

Es gibt ein ehrenamtliches Team rund um den Rota Vicentina, welches mehrmals im Jahr Etappen abwandert um Müll ein zu sammeln. Der von uns gesammelte Müll ist auch nicht ‚frisch‘. Man sieht ihm an, dass er vorwiegend aus dem Meer kommt und wir fühlen uns beide ein wenig betroffen.

Die Mülltüte wird in einem Abfalleimer vor einem Restaurant ausgeleert und wieder eingepackt, denn für uns ist es selbstredend, dass wir keinen Müll zurücklassen. Die einzigen Spuren von uns auf dem Rota Vicentina sollen Fußabdrücke im Sand sein.

Zwei vor einer zurück

Und Sand gibt es vor allem auf dieser Etappe zu Genüge. Den ganzen Tag laufen wir in losem Sand, so dass wir gerade bei den Passagen die etwas aufwärts gehen immer so einen halben Zentimeter bei jedem Schritt vorwärts wieder zurück rutschen. Der Weg ist durchaus kräfteraubend aufgrund seiner Beschaffenheit, aber kein Ding der Unmöglichkeit.

Im Nachhinein ist das einzige Schwere an diesem Tag 20 km durch losen Sand zu wandern, doch die Landschaft entschädigt dies zu Genüge. Die Natur ist atemberauben schön und nach einer Weile kommt sogar die Sonne zum Vorschein.

Wir haben gegen Mittag eine Pause gemacht und ein wenig auf das Meer hinaus gestarrt und geplaudert. Während dem Wandern schweigen wir oft. Die Natur gibt genug Eindrücke und Anregung, dass Gespräche nur hin und wieder entstehen, vor allem dann, wenn man seine Begleitung auf etwas Bestimmtes hinweisen möchte: Die schöne Blume links, der Storch rechts und ob man die vorbeihuschende Echse gesehen hat.

Feierabend

Irgendwann zwischen 3 und 4 Uhr nachmittags kommen wir in Vila Nova de Milfontes an. Wir marschieren mithilfe der Navigationsapp auf dem Handy zu der Adresse unserer Unterkunft und müssen dort ein wenig warten ehe die Gastgeberin erscheint. Um 4 Uhr sind wir nach einer kurzen aber herzlichen Einweisung auf unserem Zimmer und schälen uns aus den staubigen Klamotten. Wir beide wollen vor allem eines – duschen. Unser Gepäck wurde bereits auf das Zimmer gebracht und so schlüpfen wir in saubere Wäsche und suchen das Lokal auf, dass uns die Gastgeberin empfohlen hat. Die Aussicht ist wie versprochen schön und der Spaziergang dorthin mit nur Flip-Flops und ohne Gepäck eine Wohltat.

An diesem Tag haben wir auf unserer Strecke kaum Menschen gesehen, nur gegen Mittag kreuzen sich die Wege mit den Wanderern die von Süden nach Norden wandern.

Es geht früh zu Bett, wir haben viele Eindrücke gesammelt und für so ein Stadtkind sind 20 km durch den Sand deutlich spürbar.

Etappe 2

Vila Nova de Milfontes – Almograve
15 km / 5 Stunden / mittel

Der Morgen gleicht dem vorherigen. Wir stehen gegen 7 Uhr auf und Packen den Rucksack und die restlichen Dinge wieder in den Koffer.

Das Frühstück gibt es um 8 Uhr und ist sehr, sehr lecker. Kein Buffet wie es uns noch so oft erwarten würde, sodern frisch nach unseren Wünschen in der Küche des Hauses für uns zubereitet. Während wir uns die Bäuche vollschlagen kommen wir mit zwei Männern ins Gespräch. Die beiden und Bill, den wir an diesem Morgen das erste Mal sehen, sind derzeit die einzigen weitere Gäste hier.

Die beiden Männer wandern von Süden nach Norden und haben nun ihre letzte Etappe nach Porto Covo vor sich.

Da sie unsere heutige Etappe gestern bereits gewandert sind forschen wir vorsichtig nach was uns erwartet und es klingt nach mehr Sand und mehr Meer.

Bill hingegen wandert in unsere Richtung und ist alleine unterwegs. Er ist höflich und lustig, aber eher ruhig.

Von den Gastgebern gibt es ein Luchpaket für die Reise: Sandwich, Kuchen, Trinkpäckchen wie in der Schule und eine kleine Nascherei. Wir haben uns gefreut wie kleine Kinder. Zu der tollen Verpflegung gibt es noch einen Tipp für die Wanderung:

Die ersten Kilometer kann man sich sparen, es ist ein sehr unschöner Abschnitt der Straße entlang, über eine vielbefahrene Brücke, um über die Bucht zu gelangen. Es gibt aber ein Fährboot, das stündlich für kleines Geld von einem Ufer an das andere Fährt. Dadurch spart sich man sich Zeit und den hässlichsten Teil der Strecke. Wir bedanken uns tausende Male für diesen Tipp, denn auf Brücke und Straße hatten wir wenig Lust.

Ein neuer Morgen

Kurz nach 9 Uhr sind wir an der kleinen Anlegestelle der Fähre, die gerade noch auf der anderen Seite ist. Wir warten während sich ein weiteres Paar Wanderer dazugesellt. Es ist noch etwas frisch und wieder recht wolkig, langsam beginnen wir das Klima und Wetter hier zu verstehen. Bewölkte Morgende bedeuten sonnige und warme Tage. Die Überfahrt geht schnell und als wir am Strand aussteigen lassen wir uns Zeit.

Wir wollen wieder alleine wandern und so lassen wir uns zurückfallen, damit unsere Mitreisenden keine Mitreisenden bleiben.

Ich gebe mich meiner ausgeprägten Sucht des Muschelsuchens hin, und teste wie Wasserfest meine Wanderstiefel sind indem ich in der Brandung des Meeres Laufe. Am Strand finde ich ein großes weißes etwas, und bin darauf stolz wie Bolle, auch wenn ich keine Ahnung hatte was es war. Heute weiß ich dank Hanni und Google, es handelt sich um einen Sepia-Schulp.

Ich und mein Schulp

Ein Schulp ist das Körperteil, das von einigen bestimmten Tintenfischen übrigbleibt, wenn sie das Zeitliche gesegnet haben und ihr Weichtier-Körper sich zersetzt hat oder von einem größeren Jäger verdaut wurde. Dank dem tollen Internet weiß ich auch, dass es sich hierbei nicht um ein Skelett als solches handelt, sondern um den Auftriebskörper, der die gleiche Funktion wie die Schwimmblase bei Fischen übernimmt. Ein Bild wie das dann mit noch lebenden Tintenfisch aussieht habe ich auch gefunden (hier). Anhand des Bildes war ich ein wenig beeindruckt, wie groß der dazugehörige Sepia mal wohl gewesen sein muss. Ein bisschen gruselig ist dieses Meer mit all seinen Geheimnissen ja schon.

Nach kurzer Zeit gehört der ganze Strand wieder uns alleine und wie am Vortag sehen wir kaum Menschen. Der Weg führt uns auf die Klippen, die wunderschön saftig grün blühen und der rote Sand einen einzigartigen farblichen Kontrast bildet.

Ein weiteres Highlight ist ein Wanderstiefel, den wir auf einem der Wegemarkierungen finden und in den, passierende Wanderer Blumen gesteckt haben. Es ist ein abstraktes Kunstwerk hier draußen am Strand.

Wir haben keine weitere Blume hinzugefügt, überall am Weg stehen kleine Schilder, dass man Flora und Fauna bitte so gut wie möglich unberührt lassen soll.

Wie wir erwartet haben hatten ist der Tag sonnig, der Wind weht vom Meer her und die Luft riecht nach Freiheit.

Schweigen ist Gold

War der Tag gestern schon ruhig zwischen Hanni und mir reden wir heute noch weniger. Auch wird ein bisschen weniger fotografiert. Ein Trend, der sich im Laufe der Reise fortsetzen und sogar noch verstärken würde.

Mit jedem Schritt kommen wir mehr im Hier und Jetzt an. Das Rauschen des Meeres ist meditativ und hier draußen gibt es nichts was uns hetzt. Ein Blick gegen Mittag auf die Uhr, die mitläuft und die Distanz aufzeichnet, gibt einen Anhalt darüber, ob wir in der Zeit liegen, oder unser Tempo steigern müssen.

Aber selbst mit Pause hätten wir noch viel, viel langsamer sein können.

Zeit für Meer

Kurz vor 2 Uhr erreichen wir unsere Unterkunft für die kommende Nacht. Wir beziehen ein geräumiges 3 Bett-Zimmer, wo unsere Koffer uns bereits erwarten und wiederholen den vergangenen Abend: Atmen, Duschen, Auspacken, Power-Bank anstecken, ein wenig am Bett liegen oder auf der Terrasse sitzen und Seele baumeln lassen.

Die langsam etwas geschundenen Muskeln werden mit Pferdebalsam verwöhnt, ehe wir eine neue Gewohnheit auf unserer Wanderung aufnehmen. Unser erster Weg führt uns in den Supermarkt/Tante Emma Laden des Ortes. Auf diesem Weg sehen wir wieder Bill, er sitzt auf einer Terrasse und isst Kuchen. Bill ist immer ein wenig schneller als wir, steht früher auf und geht zügiger. Wir nicken zum Gruß und gehen einkaufen.

Die Ausbeute ist nicht ganz so erfreulich, es gibt Dosenwiener, Cracker, Äpfel, etwas Süßkram und ich glaube mich an Käse zu erinnern. Hier im Laden gibt es wenig, das sich für eine Wanderung gut eignet oder uns anspricht. Aber es gibt Wasser in 5 Liter-Kanistern und davon werden auch zwei gekauft. Jede Trinkblase hat ein Volumen von 3 Litern, die wir auch während dem Wandern trinken.

Gegen 4 sind die Einkäufe auf dem Zimmer und die wenigen Pflichten die an so einer Wanderung hängen erfüllt, so dass unser Weg uns an den Strand führt. Wir sitzen im Sand und beobachten das Meer, wir reden über den Tag, über die Eindrücke, über das Glück hier sein zu können, ein wenig über Hannis Beziehung und während Hanni ein wenig Musik hört laufe ich den Strand auf und ab. Auch hier sind wir bis auf ein paar Kinder alleine. Es gibt Bier und Dosenlimo und wir teilen uns eine Tüte Chips. Das Leben ist einfach nur perfekt an diesem Abend.

Etappe 3

Almograve – Zambujeira do Mar
22 km / 7 Stunden / mittel

Tag 3 auf dem Fischerweg startet wie die beiden vorherigen Tage. Gegen 7 Uhr klingelt der Wecker, wir sind die Ersten im Speisesaal, es gibt Rührei und Kuchen, Saft und wie bisher überall in Portugal den gleichen Schinken und den gleichen Käse. Noch finde ich es lustig, gegen Ende der Reise habe ich aber eine echte Schinken-Käse-Sperre und sehne mich so deutsch wie ich bin nach Salami und geschmackvolleren Käse.

Nach dem Packen der Rucksäcke, in dem wir langsam geübt sind, wird das verbleibende Gepäck in die Koffer verfrachtet und diese an der Rezeption abgegeben. Der Rezeptionist ist ein sehr freundlicher Mann, der ein paar Brocken deutsch spricht und diese stolz anbringt.

Halbzeit auf dem Fischerweg

Heute Morgen scheint die Sonne als wir gegen 9 Uhr loswandern. Es ist der vorletzte Tag auf dem Fischerweg. Danach würden wir auf den historischen Weg des Rota Vicentina wechseln, der etwas weiter im Inland verläuft.

Die Landschaft gleich der bisherigen Route, nur der Sand wird stets farbintensiver, bald ist er ein intensives Terrakotta-orange, das meine Beigen Wanderstiefel völlig verfärbt hat und meine Haut ein wenig brauner aussehen lässt als sie ist. Ich habe zwar bereits etwas Farbe bekommen, aber neben Hanni sehe ich aus wie aus Kalkstein geformt.

Gegen Mittag ziehen Wolken auf und mit den Wolken nieselt es leicht. Trotz Sonne haben wir unsere dünnen Jacken stets dabei, da der Wind der vom Meer her kommt durchaus ein wenig kalt sein kann.

Am Leuchtturm

Wir erreichen einen Leuchtturm mit einem größeren Parkplatz für die Touristen. Hier begegnen wir durchaus einigen Ausflüglern, die hier teils auch mit Kinderwagen auf den breiten und gut ausgebauten, sandigen Wegen spazieren gehen. Sie tragen helle Sommerkleidung, dünne Sandalen und riechen nach Parfum. Das will nicht so recht in unser Bild der Wanderung passen, nicht das was wir zurzeit unter Tags sehen wollen. Üblicherweise begegnen uns nur Menschen in Wanderstiefeln, die ein wenig gezuckert sind vom Sand und einen entspannten Gesichtsausdruck haben, den einem wohl nur das Wandern auf die Lippen zaubern kann. Daher verweilen wir nicht lange, beobachten nur kurz die unzähligen Nester von Storchen die gerade ihre Jungen aufziehen, draußen im Meer auf einzelnen Felsvorsprüngen, die Wind und Wetter trotzen.

Gegen 3 Uhr erreichen wir Zambujeira do Mar und das erste Mal merke ich wie ein Teil meines Herzens absplittert, um für immer an diesem Ort zu bleiben. Es ist touristisch, es gibt viele süße kleine Souvenirläden, die natürlich alle den gleichen Plundern verkaufen, aber es hat Charme. Es gibt hübsches Cafés und Restaurants und vor allem einen bezaubernden Dorfplatz.

Abendroutine

Wir suchen unseren Weg wie die Tage zuvor mit Hilfe der Handy-Navigation und beziehen unser Zimmer. Wenn ich an diese Unterkunft denke erinnere ich mich vorwiegend an 3 Dinge: einen heimeligen kleinen Innenhof mit Brunnen, in dem Schildkröten leben die ich für eine ganze Weile für Dekoration aus Stein gehalten habe, an die unscheinbare Dusche mit dem hammer Wasserdruck, die einer Massage glich und so, so gut tat auf den müden Muskeln und an das Frühstück, aber dazu komme ich gleich.

Obwohl erst Tag 3 haben wir mittlerweile eine bewährte Routine und fühlen uns wie Wanderprofis. Es geht Vorräte auffüllen und dann an den Strand.

Der Strand in Zambujeira do Mar ist zauberhaft. Wir sitzen für Stunden mit Snacks und Limo im Sand und es ist das erste Mal, dass ich wirklich im Meer baden bin in diesem Urlaub. Hanni ist es zu kalt, doch mich lockt das Wasser denn ich habe nun schon viel zu lange darauf gewartet. Das erste Mal sind wir auch nicht alleine am Strand, hier in Zambujeira tummeln sich die einheimischen Familien mit ihren Kindern.

Essen mit Regenbogen

Wir bleiben bis Wolken aufziehen und unser Hunger uns hochtreibt, auf der Suche nach Essen. Das Lokal das wir auserkoren haben öffnet erst um 7 Uhr, also bleibt Zeit touristische Dinge zu tun und Souvenirs zu shoppen. Ich habe mir früh abgewöhnt random Dinge als Erinnerung zu kaufen und beschränke mich auf Postkarten und Magnete, aber das dafür mit gewissenhafter Leidenschaft. Dazu gibt es diesmal noch ein Muschel-Fußkettchen zusammen mit Hanni, ganz wie als Kind auf Ferienlager.

Während dem Essen saßen wir in einer Art Wintergarten mit Blick auf den Strand, es regnete ein wenig, was den Abend umso schöner machte. Drinnen mit gutem Essen und Wein, während es draußen regnet. Und während wir so sitzen und reden und lachen und sehr ausgiebig über das Essen schwärmen sehe ich immer mehr Menschen auf die Straße treten und in den Himmel zeigen. Ich musste mich etwas drehen, um sehen zu können, was alle so schön fanden: In meinem Rücken strahlte ein prachtvoller, farbintensiver Regenbogen vor den dunklen Regenwolken und darübrt blasser ein zweiter Regenbogen.

Ich entschuldige mich kurz bei Hanni und verließ das Lokal, diesen Regenbogen wollte ich sehen, ohne Scheibe zwischen mir und diesem perfekten Spiel aus Licht und Wasser.

Meer in Flammen

Nach einem Regenbogen-Spektakel und dem besten Essen der Reise, zumindest in meinen Augen, ging es wieder Richtung Bett, langsam durch die Gassen des Örtchens und am Meer entlang. Und als hätte dieser Tag noch ein Sahnehäubchen gebraucht, geht die Sonne in einem Meer aus Flammen über dem Wasser unter.

Ich war so bedient an Eindrücken, so seelig glücklich, dass es mir an Worten mangelt, um diesen Zustand aus purem Frieden zu beschreiben.

Etappe 4

Zambujeira do Mar – Odeceixe
18 km / 7 Stunden / mittel

Der Morgen startet gegen 7 Uhr und während wir unsere Rucksäcke und Koffer packen, ich in Sonnencreme bade und kurz mit meiner Mama telefoniere, die große Sorge hat, dass wir verhungern müssen beim Wandern, hängt das Hauspersonal der Unterkunft das Frühstück an die Türe.

Es gibt Brötchen und Marmelade, Obst und Milchbrötchen und Saft im Tetrapack, dazu Obst und etwas Tee. Wir essen während wir uns für die Wanderung vorbereiten, ich überfliege nochmal die Wanderkarte während Hanni mit ihrem Freund hin und her schreibt.

Zwei Stunden nach dem Aufstehen sind die Koffer abgegeben und wir sind unterwegs. Der Himmel ist grau und verhangen und mit einem lachenden und einem weinen Auge blicke ich zurück auf Zambujeira du Mar.

Ein letzer Morgen auf dem Fischerweg

Es ist der letzte Tag auf dem Fischerweg, der letzte Tag der Reise an dem das Meer unsere ständige Begleitung ist. Man merkt es dem Weg bereits an, obwohl er noch immer sandig ist, ist er fester und wir rutschen weniger. In Summe ist es weniger anstrengend darauf zu gehen, oder wir haben uns an eine gewisse Belastung einfach mittlerweile gewöhnt.

Der Weg führt entlang den Klippen und besonders schön über breite Holzstege, kleine Bäche, die es zu überwinden gilt und durch eine Landschaft die mich teilweise an Jurassic Park denken lässt.

Nach einem etwas steileren Anstieg, und nach einer kurzen Schlacht mit etwas Gebüsch öffnet sich der Weg und wir sehen uns einer Herde Wasserbüffel gegenüber, es dauert einen Herzschlag, ehe ich den Zaun zwischen mir und den riesigen Tieren entdecke. Wie aus dem nichts ist dort ein Zoo oder ein Wildpark, auf jeden Fall führt unser Weg nun an den Außenzäunen diverser Gehege vorbei: Antilopen, Wasserbüffel, Zebras, … Eine spektakuläre und unerwartete Überraschung, die uns ein wenig langsamer gehen lässt. Der Druck anzukommen, der am ersten Tag noch unser Tempo bestimmte, ist verflogen. Wir haben hier auf dem Fischerweg die Ewigkeit für uns gefunden.

Meet Bill

Kurz vor Mittag treffen wir wieder auf Bill, er ist ein stummer Begleiter unserer Reise, immer wieder sehen wir ihn auf dem Weg, überholen ihn gelegentlich, wenn er ein Päuschen einlegt, während er uns wiederholt überholt, wenn wir rasten oder weil wir einfach mehr trödeln.

Heute reden wir das erste Mal miteinander und Bill teilt uns mit, dass er von diesem unfassbar guten traditionellen Restaurant auf dem Weg gehört hat und ob wir schon was vorhaben. Natürlich haben wir nichts geplant und so nehmen wir die Einladung ihm zu folgen an.

Grinsefisch

Da wir keinen Tisch reserviert haben und es Mittagszeit ist müssen wir fast 90 Minuten warten ehe wir nach drinnen geführt werden. Dafür kommen wir mit anderen Wanderern ins Gespräch, treffen ein weiteres Paar aus Deutschland die nur Kollegen sind wie sie beteuern, weil ihr Freund nicht gerne wandert. Ich beobachte ein paar alte Männer die ihr Bier im Schatten trinken und wie die Menge wartender Wanderer im größer wird. Wird warten so lange, dass das deutsche Paar ohne Essen weiterzieht, aber wir haben es nicht eilig, nur der Hunger drückt langsam etwas. Es ist bereits halb 3 bis wir zwischen portugiesischen Familien und anderen Wanderern sitzen. Bill hat das Essen bestellt, Fischeintopf, Käse, Oktopus-Salat, Fischrogen und Hauswein. Das Essen war sehr schmackhaft, auch wenn Hanni deutlich vermieden hat, den Fischkopf, der uns aus dem Eintopf heraus anlächelte, näher anzusehen.

Während des Essens erfuhren wir mehr von Bill: Bill ist Brite und geschieden, er arbeitet als Lehrer und hat sein Leben nach der Scheidung umgekrempelt, sich ein Häuschen auf dem Lande gekauft, das kein fließend Wasser oder Strom hat und lebt dort während des Sommers, wenn keine Heizung notwendig ist. Er restauriert und modernisiert das Häuschen selber, wenn er nicht gerade reist.

Nach dem Essen setzen wir unseren Weg gemeinsam fort. Für Bill ist es seine letzte Etappe, in Odeceixe angekommen, würde er zu seinem Motorrad zurückkehren, dass am Anfang der Route geparkt steht.

Wir plaudern und unterhalten uns über die letzten 4 Tage und unsere Erfahrungen während der Sandweg zu einer geteerten Straße wird. Einen Fußweg gibt es nicht, aber Verkehr im Grunde auch nicht, so dass wir mittig und breit die ganze Fahrbahn für uns nutzen.

Slytherin meets Fischerweg

Die Straße windet sich in engen Kurven richtung Städtchen und wir folgen schwatzend dem Straßenverlauf, nur um sehr abrupt anzuhalten. Mitten auf der Straße liegt eine rabenschwarze, etwas über 1 Meter lange Schlange und sonnt sicht genüsslich. Unser plötzliches Auftauchen scheint sie ebenso zu irritiere wie uns, so dass sie elegant und überraschend schnell den Weg für uns frei macht.

Leider war die Überraschung so goß, dass keiner daran gedacht hat sein Handy zu zücken, um ein Foto zu machen. Aber immerhin ist Hanni nicht drauf gestiegen, was durchaus eine knappe Geschichte war, so vertieft war sie in unser Gespräch.

In Odeceixe angekommen müssen wir uns von Bill trennen, er schläft in einer anderen Unterkunft und würde früh am kommenden Morgen die Heimreise antreten.

Wir dagegen brauchen diesmal neben dem Handy zusätzliche Hilfe unsere Unterkunft zu finden, obwohl sie sehr zentral ist, laufen wir mehrfach daran vorbei. Dafür haben wir fast eine ganze Wohnung für uns.

Die ersten Vorboten?

An diesem Abend ist Hanni viel fitter als ich. Nach dem Duschen und einem noch immer vollen Bauch machen wir uns auf die Proviantsuche, obwohl ich irgendwie nur ins Bett möchte. Wir sehen uns gleich nach der Route für den nächsten Morgen um, da der Wechsel auf den historischen Weg bedeutet, dass sich unsere Wegmakierung von Grün/Blau zu Weiß/Rot ändert.

Hanni kann mir einen kleinen Spaziergang abringen zu einer alten Mühle die auf einer kleinen Anhöhe liegt. Dort beobachten wir ein wenig das Treiben in dem Städtchen, das seit Lissabon der größte Ort ist durch den wir kommen. Aber ich bin einfach müde und mit der untergehenden Sonne will ich dann nur noch ins Bett.

Das waren vermutlich schon die ersten Anzeichen, von dem was mir die nächsten Tage bevorsteht.

To be continued…

Hier geht es zu Teil 1: Fishermen’s Trail & Rota Vicentina – Wo, was & wie?
Hier geht es zu Teil 3: Fischermen’s Trail & Rota Vicentina – Der historische Weg

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