Growing North

Growing North

Ich möchte der Liebe wegen nach Schweden ziehen.

Ich weiß gar nicht so recht wo ich anfangen soll, denn was ich nun erzählen möchte ist mit Abstand das größte Vorhaben in meinem bisherigen Leben. Seht mir bitte nach, wenn dieser Beitrag nicht gerade poetisch klingen wird, denn schon im Versuch die passenden Worte zu finden schlägt mein Herz schneller und höher.

Dieses Vorhaben jagt mir unbeschreibliche Angst ein, verfolgt mich bis in meine Träume und wird sich in den kommenden 12 Monaten zum Fokus meiner Tage entwickeln.

Da ich versuchen werde euch auf dieser Reise mitzunehmen schulde ich euch vermutlich die Geschichte dazu.

Schwedenliebe

Nach dem ich bereits 2018 auf allen Kanälen mit der Werbung von Last Shelter: Survival bombardiert wurde habe ich mir damals im Urlaub bei meinen Eltern das Spiel runter geladen. (Ganz am Rande, dies ist keine Werbung. Spielt es nicht. Es ist teuer, kostet Nerven und basiert auf Pay-to-Win).

Das Spiel erfordert den Beitritt zu einer Gruppe, und um die Spielvorgänge zu kommunizieren gibt es einen Gruppen-Chat. Ich erspare euch die langatmige Entwicklung des Spieles und warum alles kam, wie es kam, aber eines Tages landete ich in einer Gruppe Spieler deren Mehrheit aus Schweden kam. Lustige Menschen mit einem dreckigen Humor, flachen Witzen und einer amüsanten Doppeldeutigkeit in jedem getauschten Wort.

Stockholm, Schweden 2019

Viel spielen bedeutet auch viel chatten und unweigerlich lernte man so die anderen kennen. Die Gespräche wurden schnell wichtiger als das Spiel und so verlagerten wir sie raus in eine eigene Chatgruppe. Statt Zombies und Helden ging es schnell um Familie, Kinder, Urlaub, Arbeit, Sport… einfach alles, was einen bewegt und man halt mit Freunden teilt.

Aus einer Laune heraus beschlossen einige von uns sich im folgenden Frühling in Stockholm zu treffen. Wir sprachen alle täglich miteinander, teilweise mehrere Stunden. Es war nur natürlich, dass wir diese Bekanntschaft erweitern wollten, warum also nicht treffen?

Der Urlaub war fantastisch. (Gerne erzähle ich euch davon mehr, falls es euch interessiert. Lasst doch einen Kommentar da, wenn ihr einen Beitrag zu Stockholm wollt.)

Face-to-Face in Schweden

Sich persönlich kennen zu lernen veränderte die Beziehung und die Dynamik in der Gruppe. Manchen Menschen hat man plötzlich weniger zu sagen und bei anderen dafür mehr. Die Gruppe wurde ein wenig kleiner, aber dafür umso enger und ja, auch im Jahr 2021 gibt es diese Gruppe noch. Der Kontakt ist loser geworden, keiner spielt mehr das Spiel, aber es ist wie entfernte Familie, hin und wieder schaut man noch, ob alle noch leben und was es so zu erzählen gibt. Wir folgen uns auf Instagram und nach wie vor freue ich mich von ihnen zu hören.

Aus dieser Gruppe kommt auch mein Freund. Bis letztes Jahr waren wir auch nur das, Freunde. Doch 2020 hat unser beider Leben sehr auf den Kopf gestellt.

Der Kontakt ist über die Jahre enger geworden. Gefunkt hat es aber erst als der Pandemie-Verlauf im späten Sommer abflachte und wir mit meinen Freunden in den Europa Park gefahren sind.

Vielleicht war es die Leichtigkeit des Parks, das Adrenalin der Achterbahnen, oder es sollte einfach so sein. Nach all den Gesprächen, nach Chat-Verläufen die man mehrfach um die Welt wickeln könnte, aus Verstehen und Zuhören, aus gemeinsamen Lachen und Weinen wurde plötzlich mehr. Da war dieses kleine Gefühl von Heimat tief in der Magengrube, etwas das ich schon sehr, sehr lange nicht mehr gespürt hatte.

Stockholm, Schweden 2019

Liebe über Grenzen

Frisch verliebt inmitten einer Pandemie mit Ländergrenzen zwischen uns war der Herbst und ist der Winter immer noch alles andere als leicht.

Ich kann nur müde lächeln, wenn andere klagen, wie sehr sie ihre Freunde vermissen, weil sie diese nur noch einmal die Woche sehen können. Ich vermisse meinen Freund jeden Tag und so ein Doppelbett wird verdammt groß, wenn man sich danach sehnt, dass dort wer liegt.

Vielleicht ist es Wahnsinn, sicher ist es ein wenig Irrsinn, wir haben uns definitiv nicht so oft gesehen wie wir wollten, so manch einen Flug musste ich dank Quarantäne-Regularien verstreichen lassen. Trotzdem oder gerade deswegen: Nach zwei wunderschönen Wochen Anfang September in Schweden und vielen Telefonaten fiel der Entschluss.

Hopp oder Topp. Ich möchte nicht ewig warten und eine Garantie gibt es ohnehin nicht. Wenn es langfristig ein UNS geben soll, dann ist der Weg klar. Es geht nach Schweden.

Ich bin alles andere als ein naiver Mensch. Alle Alarmglocken in mir schrillen, wenn ich diesen Satz formuliere. Unzählige Risiken fallen mir in Millisekunden ein und alle Sorgen sind berechtigt. Ich sagte schon, es ist das größte Vorhaben meines Lebens.

Ich weiß nichts, außer dass ich diesen Mann liebe und mir ein Leben mit ihm vorstellen kann.

Alle erdenklichen Argumente dagegen habe ich schon gedacht. Ich habe mit mir geklärt, ob das eine Notlösung ist, weil ich Angst habe übrig zu blieben. Ganz sicher habe ich lange nachgedacht, was passiert, wenn wir uns irgendwann nicht mehr so toll finden und was passiert wenn irgendwann gar nicht so weit weg wäre.

Ich bin mir klar, dass ich eine Sprache lernen muss, und das obwohl ich gar nicht so gut darin bin Sprachen zu lernen. Einen neuen Beruf brauche ich auch, denn Fernsehen als Arbeitgeber gibt es in der Region meines Freundes nicht.

Und sagte ich schon, das im Schweden-Paket neben einem tollen, großen attraktiven Mann auch zwei kleine Krümmelmonster dabei sind und eine dazugehörige Mutter? Auch darüber denke ich viel nach. Überhaupt über das Thema Familie.

Rational gedacht spricht alles dagegen und nur der Wahnsinn dafür.

Daheim in Schweden

Baseline Liebe

2021 werde ich viel mit Lesen verbringen und mit nachdenken. Ich werde um Hilfe bitten müssen und mit fremden Menschen reden. Ich muss erst einmal herausfinden, was alles getan werden muss, wenn man ein Leben an einer Stelle abbricht und woanders wieder aufnimmt.

Vermutlich wird der ersten Schritt eine Liste werden, mit all den Dingen die mir einfallen, auf die ich eine Antwort brauche, oder um die ich mich kümmern muss.

Ich habe mehr Fragen als Antworten. Ich habe Angst zu stürzen und versuche mich daran zu erinnern, dass der Ausgang offen ist, dass eine Beziehung Arbeit bedeutet und kein Glücksspiel ist, bei dem man einfach untätig hoffen muss, dass man gewinnt.

So nun ist es raus. Mein Kopf ist leer und eigentlich habe ich nicht wirklich was gesagt. Zumindest ist irgendwie noch viel da, was ich gerne erzählen und erklären würde, aber das kommt wohl dann später.

Wer auf dem Laufenden bleiben will über meinen Weg nach Schweden, kann es auf Instagram versuchen. Da das Thema so überwältigend ist für mich, habe ich ihm eine eigene Seite gewidmet: Growing North

May the odds be in my favor: 376-1



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