Nach langer Vorbereitung sind wir endlich auf dem Rota Vicentina. Der Fischerweg liegt bereits hinter uns und vor uns liegt der historische Weg, etwas weiterem im Inneren des Landes.
Etappe 5
Odeceixe – Aljezur
18 km / 6 Stunden / einfach
Als wir an diesem Morgen aufwachen ist der Himmel wie so oft in den letzten Tagen verhangen.
Wir behalten unsere Routine bei, da sie sich bewährt hat. Gegen 7 Uhr klingelt der Wecker und als wir zum Frühstück gehen sind wir die einzigen die schon so früh erscheinen. Das Frühstück ist noch nicht einmal fertig hergerichtet und wir müssen einen Moment warten. Hier gibt es das erste Mal auf unserer Reise kein Buffet. Wir bekommen Brötchen an den Tisch, so wie hausgemachte Marmeladen, Joghurt, Saft, Wurst und Käse und Tee und Kaffee. Das Frühstück schmeckt herausragend gut, vor allem die Marmeladen.
Und Aufbruch
Als wir aufbrechen finden wir unsere neue Route schnell, dank der Vorarbeit, die wir am Abend geleistet haben und es geht erst einmal bergauf. Erst geht es gefühlt unendlich viele Stufen hoch und dann weiter eine schmale Straße steil bergauf bis wir Odeceixe verlassen.
Es ist ein wenig kühl und so ganz wach fühle ich mich an diesem Morgen nicht. Der Weg ist auch nicht besonders spektakulär, schnell finden wir uns auf einem Trampelpfad neben einem Kanal wieder, der so schmal ist, dass wir nur hintereinander gehen können.
Die Landschaft ist sehr beruhigt, das Meer weder zu sehen noch zu hören. Dafür sehen wir hier oder da mal einen Frosch in den Kanal springen oder eine herrenlose Katze streunen.
Miese Stimmung
Ich kann es nicht benennen, aber es liegt etwas in der Luft. Hanni und ich reden kaum, jeder gefangen in seinen Gedanken.

Die nahezu monotone Umgebung fühlt sich plötzlich ganz anders an, keine Ablenkung mehr durch atemberaubende Eindrücke, kein rauschendes Meer, keine Brise die an der Nase kitzelt. Jetzt ist ganz viel Platz für Gedanken und davon haben wir beide genug.
Das Wetter will auch nicht recht aufklaren und am späten Vormittag beschleunigt Hanni ihren Schritt so sehr, dass sie aus meinem Blickfeld verschwindet und das nicht nur um die nächste Kurve, sondern so weit, dass ich plötzlich wirklich alleine gehe.
Ich bin ein wenig angefressen, kann mir aber vorstellen, was sie treibt und nutze die Zeit alleine um meine Mama anzurufen. Wir telefonieren eine Weile, ich beschreibe die Umgebung, die bisherige Reise und meine Gefühle. Ich fühle mich alles andere als lebhaft und agil, zu dem habe ich langsam Magenschmerzen.
Tiefpunkt
Nach einer knappen Stunde völlig alleine komme ich in ein kleines Dorf, dass unseren Weg kreuzt in dem Hanni wartet, damit wir auch beide die richtige Abzweigung nehmen. Die Stimmung ist angespannt. Ich bin ein wenig beleidigt: Sie wirklich so rasch vorgegangen, dass sie fast 30 Minuten auf mich warten musste.
Ich bin sehr schlecht solche Emotionen zu verstecken, meine Mimik ist ein Verräter und ein offenes Buch. Die Anspannung ist deutlich zu spüren, es ist vermutlich der grenz-wertigste Moment unserer Reise in Sachen emotionaler Schieflage. Es ist einfach nicht unser Tag, wir beide haben ein Gedanken-Päckchen geöffnet, dass wir sehr lange in eine dunkle Ecke unseres Bewusstseins geschoben hatten und nun ist es ans Tageslicht gesprungen, überraschend und heimtückisch.
Hanni und ich wechseln ein paar kurze, knatschige Sätze und ich sehe es noch heute als Zeichen unserer starken Freundschaft und einem gewissen Grad an Reife, dass es nicht eskaliert ist.
Den restlichen Weg gehe ich wie üblich hinter Hanni, sie geht wieder vor aber nicht so weit, dass wir uns aus den Augen verlieren.

Kuschelstunde
Kurz vor Aljezur passieren wir ein Haus mit einem staubigen, großen, eingezäunten Gelände herum, in dem diverse Hunde leben. Ein Schild am Gebäude verkündet, dass es sich hierbei um das örtliche Tierheim handelt. Wir bleiben stehen und stecken unsere Hände durch die großen Maschen im Zaun und streicheln die Hunde die sofort angerannt kommen. Große und kleine Hunde, unterschiedliche Rassen und alle ein wenig ungepflegt aber nicht knochig oder mager. Wir verweilen und streicheln, flauschen und knuddeln so gut es durch den Zaun geht. Es fällt uns sehr, sehr schwer uns von den Hunden zu trennen und keinen mitnehmen zu können.
Offene Wünsche
Unsere Unterkunft erreichen wir kurz vor 14 Uhr, ein Hostel am Rande des Ortes, welches leider meine unliebste Unterkunft der Reise ist und bleibt.
Das Zimmer hat 4 Betten, aber wir sind die einzigen Bewohner des Zimmers, es gibt wenig Platz am Boden für unser Gepäck und überall wo ich hinlange greife ich in Staub. Ich bin wenig beeindruckt, das Bad ist ein langer Schlauch, an einem Ende eine Dusche die wenig Komfort bietet und am anderen Ende die Toilette. Der ganze Raum ist nur durch eine Papp-Schiebetüre abgegrenzt.
Die Unterkunft ist ok, nichts dramatisches, aber in Summe und im Vergleich zu all den anderen Unterkünften eine Enttäuschung, vor allem, da wir hier zwei Nächte verbringen werden.
Nach dem Bezug des Zimmers gehen wir wie üblich einkaufen und unsere Vorräte aufstocken, ehe wir uns ein Restaurant suchen. Morgen ist Restday und so müssen wir nicht früh ins Bett. Die Enstscheidung fällt auf eine hippe kleine Pizzeria.

Pizza e Vino
Die Pizza im Arte Bianca ist extrem lecker, fettig und geschmackvoll und der Wein mundet hervorragend. Der Abend ist wirklich schön und lässt uns den etwas mauen Wandertag vergessen.
Zufrieden geht es recht spät ins Bett, mit Ausblick auf einen ruhigen Tag und einem möglichen Ausflug zum Strand am kommenden Morgen.
Restday
Der Restday beginnt bescheiden. In der Nacht habe ich erhebliche Probleme mit meinem Magen bekommen, mir ist recht übel und an Essen ist nicht zu denken. Ich fühle mich kraftlos und mag mich nicht weit vom Badezimmer entfernen.
Bei Hanni hat sich die Häufigkeit in der sie mit ihrem Freund schreibt deutlich erhöht und scheint sie emotional sehr mitzunehmen.

Bis auf einen Ausflug in den Supermarkt bleibe ich im Bett, höre Hörbuch und schlafe. Hanni ist eine Runde alleine spazieren, befreundet sich mit streunenden Katzen und schickt Bilder aus der Welt da draußen, während ich vor mich hinvegetiere.
Der Restday ist nötig, da es mir gesundheitlich wirklich nicht gut geht, aber zeitgleich auch einfach nur schrecklich, gefangen in einem hellhörigen Hostel in einem der ungemütlichsten Orte auf unserer Reise.
Etappe 6
Aljezur – Arrifana
12 km / 4 Stunden / einfach
Die Nacht war die Hölle. Ich habe kaum geschlafen, da mein Körper nichts bei sich behalten will. Und auch Hanni sieht aus, wie aus dem 7ten Kreis der Hölle zurückgekehrt.
Dieser Morgen ist unser absoluter Tiefpunkt der Reise. Mir geht es gesundheitlich fragwürdig, so dass ich nicht weiß, ob ich weiter wandern kann und Hanni muss sich mit dem Gedanken anfreunden wieder Single zu sein.
So oder so, es könnte ein besserer Start in den letzten Part unseres Wanderurlaubs sein.
Guten Morgen
Frühstück gibt es für mich nicht wirklich, ich kaue an einem trockenen Brötchen herum und nuckel an einer Banane. Für Hanni gibt es Zigarette und Kaffee.

Der Inhalt meines Rucksacks besteht aus trockenen Brötchen, trockenen Keksen, Coca-Cola und Klopapier. Hier ist der Moment an dem ich sehr dankbar für meine Reiseapotheke bin, ohne die wäre hier mein Urlaub definitiv zu Ende.
Und so richtig sicher bin ich mir noch nicht, ob ich die Wanderung nun bewältigen kann. Aus Sicherheitsgründen habe ich mir die Nummer eines örtlichen Taxi-Service abgespeichert, falls ich die 12km nach Arrifana nicht schaffe und mich auf der Strecke abholen lassen muss. Doch unversucht will ich es nicht lassen, 12 km sind nicht viel und wir würden nicht mal die angekündigten 4 Stunden brauchen, bisher waren wir immer schneller und ich will wirklich am Ende meines Urlaubes sagen, dass ich alles und ohne Schummeln gewandert bin.
Wandern, wandern, wandern
Die Strecke ist schön, wie zu erwarten abseits des Meeres und optisch wenig aufregend. Hanni und ich schweigen viel aber bleiben zusammen. Zusammen ist es heute erträglicher.
Der Boden ist staubig und sandig und links und rechts des Weges verschlingt uns Gestrüpp. Wir gehen ohne Pause, da es mir nicht gut geht und heute wirklich nur Ankommen zählt.

Traum in weiß
Um 14 Uhr sind wir auf unserem Zimmer und wir sind sogar schon fertig mit einkaufen. Der Ort ist zuckersüß, die Ecke in der das Hotel liegt wirkt wie ein Neubaugebiet.
Noch immer bin ich nicht Herr meines Körpers, aber der Supermarkt hat eine reiche Auswahl an Keksen, was mich sehr glücklich stimmt, und unsere Unterkunft ist ein Traum in Weiß und Naturtönen.
Wir haben einen kleinen Balkon, ein großes Bad mit einer echten Türe und eine super Dusche. Obwohl mein Magen noch immer Amok läuft beginne ich mich wohler zu fühlen. Die neue Unterkunft und die Umgebung tut meiner Psyche gut.
Während Hanni duscht knabbere ich Kekse und Banane und trinke Coca Cola und bin eigentlich ganz glücklich mit mir. Ich habe ein sehr angenehmes Gefühl von Leichtigkeit und Freiheit, hier hätten wir unseren Restday machen sollen.
Den Abend verbringen wir auf dem Balkon und im Bett. Noch immer kann ich nicht wirklich was essen und so verspeist Hanni die Vorräte.
Etappe 7
Arrifana – Carrapateira
24 km / 7 Stunden / schwer
Die Nacht war erneut nicht sehr erfreulich, aber ich beginne mich besser zu fühlen. Als der Wecker klingelt habe ich wirklich vier Stunden am Stück geschlafen und heute Morgen spüre ich das erste Mal wieder Hunger.
Gegen 9 Uhr begeben wir uns recht spät zum Frühstück und aus Vorsicht esse ich nicht mehr als eine Banane und eine trockene Scheibe Brot. Hanni genießt das ganze Buffet mit einer reichhaltigen Schale Joghurt und Früchten und etwas Müsli, um das ich ganz neidisch bin.
Bergauf
Ich bin sehr froh, dass es mir wieder so weit gut geht, oder zumindest sehr, sehr viel besser, denn heute steht uns die längste Etappe der Wanderung bevor: 24 hügelige Kilometer die uns wieder ans Meer führen.
Hanni und ich haben sehr unterschiedliche Erinnerungen an diese Strecke. Für mich ist die Strecke landschaftlich ein Traum, endlich das Meer wieder zu sehen, satte grüne Pflanzen, blühende Kakteen und sich im Winde wiegende Felder, aber sie ist ebenso gnadenlos und anstrengend. Den ganzen Tag über geht es auf und ab und auf und ab. Es geht so oft auf und ab, dass ich davon genervt bin.

Die Strecke ist gnadenlos und anstrengend. Ich schwitze und habe Mühe Schritt zu halten, während Hanni wie ein junges Reh auf und ab hopste mit ihren langen, schlanken Gazellen-Beinen. Wenn man Hanni fragt, war es doch gar nicht so schlimm, oder so lange oder so heiß.
Aber ich habe nun seit 3 Tagen nicht wirklich etwas gegessen außer einer Packung Kekse und zwei Bananen am Tag. Ich bin erschöpft und müde und wie müde wird mir erst viel später am Abend klar.
Täglich grüßt das Murmeltier
Unsere Unterkunft erreichen wir gegen 16 Uhr und damit ungewöhnlich spät. Wir haben ein farbenfrohes, zuckersüßes Zimmer mit Bad auf dem Gang. Es liegen sogar Handtücher bereit und alles ist sehr einladend. Das kleine Hippie-Hotel gehört zu meinen liebsten Unterkünften der Reise.
Nach unserer Dusch-und Auspack-Routine geht es wie immer zum nächsten Supermarkt, Vorräte kaufen. Mein Magen scheint wieder in Ordnung und hat das erste Mal keine Probleme verursacht, dennoch möchte ich noch etwas vorsichtig sein und suche mir wieder trockene Kekse und Cola, um einfach ein paar Kalorien in meinen Bauch zu bekommen.

Kleiner Schwächeanfall
Während wir an der Kasse stehen und warten, da es überraschend voll ist in dem kleinen Laden, geht es mir schlagartig gar nicht mehr gut. Mir wird ganz flau und schwummrig und Panik steigt auf. Ich drücke meine Einkäufe und meinen Geldbeutel Hanni in die Hand, instruiere sie auch die Cola zu zahlen mit der ich fluchtartig den Laden verlasse und stolpere auf eine Treppe im Schatten, in der Nähe des kleinen Supermarktes zu.
Dort sitze ich für Minuten, klammere an der Cola-Dose und versuche einfach bei Bewusstsein zu bleiben, während ich an der Cola nuckel. Ich sitze noch immer als Hanni mit zwei Tüten auftaucht und sich einfach nur zu mir setzen kann. Mein Kreislauf hat die Notbremse gezogen. Bei über 24 Grad, was am Meer durchaus einiges ist, haben wir heute 30 km zurückgelegt und offenbar, braucht man dafür mehr Energie als ein paar Kekse liefern können.
Auf dem Weg zurück zur Unterkunft trägt Hanni tapfer alle Einkäufe und kriecht wie eine Schnecke vor mir her, da ich keinerlei Reserven mehr aufbringen kann. Kaum sind wir auf dem Zimmer falle ich ins Bett und vernichte erneut Kekse und Bananen. Ich fühle mich völlig leer, zumindest körperlich, emotional geht es mir sehr gut, das muss hier einfach auch mal erwähnt werden.
Süße Träume
Nach einem kleinen Schrecken liege ich im Bett und führe eine kurze Diskussion, dass ich nicht Essen gehen möchte, dass ich müde und erschöpft bin und an dieser Stelle gerne als Freundin versage, aber dass keine 10 Pferde mich heute nochmal auf die Füße bringen.
Ich schlafe früh ein und das erste Mal seelig und ohne Unterbrechung. Mir geht es wieder gut, ich bin nur müde.
Etappe 8
Carrapateira – Vila do Bispo
22 km / 6 Stunden / einfach
Eine Nacht Schlaf kann Wunder bewirken. Mir geht es gut. Mir geht es sogar fantastisch und als ich das Frühstück sehe mit Eiern von den eigenen Hühnern, mit einer Vielfalt an Käse und Wurst die mir die ganze Reise über nicht begegnet ist, mit einer reichen Auswahl an frischen Früchten und diversen Kuchen beschließe ich, es wieder mit dem lieben Essen zu versuchen.
Frühstück im Himmel
Hanni hat das Glück zuschlagen zu können und für mich gibt es ein wenig Schokokuchen, eine kleine Portion frisches Obst und zwei magere Scheiben Serrano-Schinken. Es ist so gut und ich bin so glücklich in diesem Moment. Die Sonne scheint, an der langen Tafel sitzen auch andere Urlauber und endlich geht es mir wieder gut.
Die Wanderung ist entspannter, ich kann meine Umgebung wieder genießen, sehe Pferde auf Weiden grasen und der Wind streicht über die Gräser die träge in der Sonne tanzen. Die Welt ist wieder in Ordnung und alles gleich zehnmal schöner.
Leckeres Souvenir
Gegen Mittag passieren wir ein einzelnstehendes Haus und davor auf dem Weg einen Tisch mit einem großen Schild „Hausgemachte Marmeladen und Kuchen“. Ich finde die Idee so zuckersüß, dass ich etwas Geld in das Sparschwein werfe und ein kleines Glas portugiesische Orangenmarmelade mitnehme. Es ist keine Menschenseele zu sehen, ich stelle mir aber gerne vor, dass eine niedliche, portugiesische Omi ihre Marmeladen hier an vorbeiziehende Wanderer verkauft und so ihren Enkeln verstohlen ein paar Münzen in die Hand drücken kann, wenn diese zu Besuch sind.

Letzter Abend
Gegen 3 Uhr erreichen wir unsere Unterkunft und erneut bin ich überaus glücklich. Ein einladendes Gästehaus mit tollem Garten und Gemeinschaftsküche.
Da es mir wieder gut geht treten wir nach dem Duschen den Marsch zum Supermarkt an. Das erste Mal auf der Reise kaufen wir nicht in kleinen Tante Emma-Läden, sondern gehen zu Lidl. Wir kaufen bio Fusilli und bio Tomatensauce und etwas Mozzarella.
Ich koche und Hanni sitzt in der Sonne mit dem ersten Glas Weißwein, raucht und hängt ihren Gedanken nach. Wir scheinen die einzigen Gäste zu sein, so dass wir alles für uns alleine haben.
Es ist ein sehr friedlicher Abend. Wir sitzen in der Sonne, es gibt eine üppige Mahlzeit, dazu Wein und als Nachspeise Popcorn. Das Wetter ist so herrlich, dass ich mich auf die aufgeheizte Terrasse lege und Sonne aufsauge und einfach eine Weile liegen bleibe.
Nach den letzten Tagen fühle ich die Glückseligkeit des Wanderns wieder und bin umso dankbarer wieder gesund zu sein. Da Hanni sich nicht angesteckt hat, war es wohl eher die ungewohnte Anstrengung und der emotionale Stress, den ich die Jahre zuvor gesammelt und in mir weggesperrt hatte.
Etappe 9
Vila do Bispo – Cabo São Vicente
14 km / 4 Stunden / mittel
Der letzte Morgen der Wanderung ist angebrochen. Gegen 9 Uhr sitzen wir beim Frühstück in der Sonne und können es nicht fassen. In 14 Kilometern ist es vorbei und gerade fühlt es sich an als könnten wir für ein ganzes Leben nur Wandern. Die Routine und die Freiheit dieses einfachen Lebens fühlen sich gut an.

Zum Frühstück gibt es wie meistens bisher Buffet: Obst und Gemüse, Kuchen, Eier, Brötchen, Marmelade sowie Wurst und Käse.
Wir haben es nicht eilig, die Sonne scheint warm auf unsere Haut und wir schnattern abwechselnd zu ungläubigen Schweigen.
Auf ein letzes Mal
Um 10 Uhr sind wir auf dem Weg. Vila do Bispo ist ein sehr süßer Ort und ich genieße diese Meter besonders, ehe die Landschaft sich ändert und flach wird.

Besonders auffallend sind die Disteln am Wegesrand die übersät sind mit Schnecken. Überall bilden sich regelrechte Trauben aus Schnecken. Ein interessantes Bild, das ich mehrmals fotografiere.
Das Wetter ist wechselhaft mal sonnig und kurz darauf sehr neblig. Der Wind ist so stark, dass wir uns kaum unterhalten können und er die Wolken regelrecht über den Himmel peitscht. Es geht entlang dem Meer ein paar Klippen auf und ab. Die Wege sind endlose lange Geraden.
Die Natur links und rechts erinnert an eine skurrile Mondlandschaft.

Auf der Zielgeraden
Ab 1 Uhr befinden wir uns auf der Zielgeraden, wortwörtlich. Wir folgen einer langen, geraden Straße, auf deren Seitenstreifen wir gehen, da immer wieder Busse und Autos vorbeifahren, um das selbe Ziel zu erreichen wie wir: Den Leuchtturm am Cabo São Vicente, den südwestlichsten Punkt des Festlandes Europas.
Der Weg zieht sich und obwohl man den Leuchtturm in der Ferne sehen kann scheint er nicht näher kommen zu wollen.
Ich weiß nicht wie lange wir brauchen, es fühlt sich an wie Tage.
Angekommen
Wenn ich an die letzten Meter denke ist es ein gemischtes Gefühl: Ich habe eine für mich unfassbare Leistung vollbracht. Ich bin sehr stolz auf mich und auf Hanni, auf unsere Freundschaft und die vergangenen Kilometer. Und doch steht man freudestrahlend einfach unbemerkt in einer riesen Menge an Touristen die mit Bussen angekarrt werden.

So gibt es für uns eine Bratwurst, die letzte vor Amerika und das seit 21 Jahren. Und das ist kein Witz, der Stand heißt so und hier gibt es Original Nürnberger und Thüringer Wurstspezialitäten. Berühmt ist der kleine Stand auch und hatte schon den ein oder anderen Fernsehauftritt.
Neben der Bratwurst gibt es ein Zertifikat über das Erreichen unseres Zieles und hungrig wie wir sind ist die Bratwurst auch im Nu in unseren Mägen verschwunden.

Es folgt ein kurzer Abstecher zum Leuchtturm, ein paar Selfies und ein Besuch im Souvenirshop. Lange bleiben wir aber nicht, es ist windig, laut und voll und der Leuchtturm auch keine Schönheit.
Wir nehmen den Bus vom Leuchtturm nach Sagres und beenden damit offiziell unsere Wanderung.
Rückblickend
Rückblickend ist es eine fantastische Erfahrung gewesen, die ich jedem nur ans Herz legen kann. Ich habe viel über mich gelernt, sie hat meine Freundschaft zu Hanni geprägt und meinen Leben mehr Sonne gegeben.
Doch bitte denkt daran, wenn ihr diesen Weg geht, lasst nichts zurück außer Spuren im Sand. Bitte nehmt euren Müll mit bis ins nächste Dorf, seid nett zu den Menschen, die euch so herzlich aufnehmen und ihr schönes Land mit euch teilen, denn die einzigen befremdlichen Begegnungen waren mit anderen Touristen.
Und für alle die Zahlen und Fakten so sehr mögen wie ich:
Zahlen und Fakten
Zusammengefasst der Fischerweg und der historische Weg in Kilometern und Schritten.
- 41.314 Schritte / 27,51 km Porto Covo – Vilanova de Milfontes
- 27.177 Schritte / 18,33 km Vilanova de Milfontes – Almograve
- 41.787 Schritte / 28,06 km Almograve – Zambujeira do Mar
- 34.908 Schritte / 23,65 km Zambujeira do Mar – Odeceixe
- 33.518 Schritte / 22,63 km Odeceixe – Aljezur
- 05.118 Schritte / 03,43 km Rest-Day
- 26.048 Schritte / 17,27 km Aljezur – Arrifana
- 44.053 Schritte / 30,50 km Arrifana – Carrapateira
- 37.292 Schritte / 25,44 km Carrapateira – Vila do Bispo
- 28.627 Schritte / 20,21 km Vila do Bispo – Cabo São Vicente
- 17.745 Schritte / 10,50 km Abreise von Sagres nach Lagos
Hier geht es zu Teil 1: Fishermen’s Trail & Rota Vicentina – Wo, was & wie?
Hier geht es zu Teil 2: Fishermen’s Trail & Rota Vicentina – Der Fischerweg
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